Die Antikensammlung der Uni Heidelberg – Universitäre Sammlungen als Barriere oder Chance?
Von Luna Hilbers und Jule-Schirin Lüthans (Universität Oldenburg)
Im Rahmen der Summer School „Kulturelle Bildung – Transdisziplinäre Perspektiven für die Schule“ an der Heidelberg School of Education fand im September 2023 ein Workshop in der Antikensammlung der Universität Heidelberg statt. Die Summer School richtete sich primär an Lehramtsstudierende und Studierende im Bereich der Kulturellen Bildung verschiedenster Studienstandorte. Zentrale Themen waren neben einem Einführungsvortrag zur Kulturellen Bildung auch Vorträge und Workshops zur Populärkultur, zum Kulturellen Erbe und zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ergänzend fanden Exkursionen zur Heidelberger Thingstätte und zum Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma statt.
Die Heidelberger Antikensammlung als außerschulischer Lernort
Gemeinsam mit der Kuratorin Polly Lohmann der Antikensammlung wurden Bedeutungen außerschulischer Lernorte besprochen sowie mögliche Konzepte für die Arbeit mit Schulklassen erarbeitet. Die Sammlung wurde den Studierenden auf unterschiedliche Weise erfahrbar gemacht. Durch die antiken Sammlungsgegenstände, darunter Keramikvasen und Weinkelche, aber auch Fragmente von Objekten, wurde aufgezeigt, wie anhand von universitären Sammlungen kulturelle Bildung auf unterschiedliche Schulfächer bezogen werden kann. Hierbei lag der Fokus darauf, dass die Vermittlung dialogisch statt monologisch erfolgen sollte und dass trotz der Schwierigkeit, in einer Antikensammlung mit Hands-On-Objekten zu arbeiten, Wege gefunden werden sollten, die Ausstellungsgegenstände erfahrbar zu machen. Beispielsweise gab es Gläser, an denen gerochen werden konnte oder Fühlboxen, die auch bereits für eine jüngere Zielgruppe wie Schulklassen einen niedrigschwelligen Zugang zur Sammlung ermöglichen. Im gemeinsamen Gespräch deuteten sich Barrieren und Chancen für Schüler*innen an, die Antikensammlung bzw. universitäre Sammlungen generell als außerschulischen Lernort zu nutzen.

Antikensammlung Universität Heidelberg, Polly Lohmann
Barrieren von universitären Sammlungen
Insgesamt zeichnet sich das Bild ab, dass die Akteur*innen der Antikensammlung großes Interesse daran haben, das Potential als außerschulischen Lernort zu nutzen und vor allem Schüler*innen die Möglichkeit zur Partizipation zu geben. Allerdings entstehen durch die universitäre Verortung der Sammlung auch zusätzliche Barrieren, die eben diese Partizipation auch verhindern. Die Universität an sich lässt sich bereits als Ort kennzeichnen, an dem Bildungsungerechtigkeiten besonders deutlich werden. So kann die These aufgestellt werden, dass eine universitäre Sammlung vor allem für solche Schulformen eine naheliegende Exkursionsoption ist, die auf den Erwerb der Hochschulreife zielen und somit eine universitäre Laufbahn ermöglichen. Für andere Schulformen mag eine universitäre Sammlung als Exkursionsziel weniger naheliegen. Außerdem ist es für Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen grundsätzlich mit einem großen organisatorischen Aufwand verbunden, den Lernort Schule zu verlassen. Eine Exkursion bedeutet immer auch, dass monetäre und zeitliche Kapazitäten benötigt werden und eine möglichst gute Integration in den schulischen Alltag gegeben sein muss. Durch die unflexible Gestaltung von Lehrplänen kann es außerdem zu Schwierigkeiten kommen, eine Exkursion thematisch sinnvoll in den schulischen Kontext einzubetten. Auch durch Rahmenbedingungen vor Ort können zusätzliche Barrieren entstehen. Da auch universitäre Sammlungen nur begrenzte Kapazitäten an Mitarbeitenden verfügen, ist fraglich, inwiefern pädagogisch geschultes Fachpersonal vorhanden ist, das eine Expertise bei der Erstellung von Vermittlungsformaten für unterschiedlichste Personengruppen besitzt. Hierdurch kann es z. B. zu fehlenden passenden Angeboten für Schüler*innen kommen, wodurch sich erneut Barrieren aufbauen.
Insgesamt ist es also mit einigen Schwierigkeiten verbunden, außerschulische Lernorte mit dem schulischen Alltag zu verknüpfen. Darüber hinaus können durch den Standort an einer Universität Barrieren für Schüler*innen entstehen, die bisher nur wenige Berührungspunkte mit universitären Angeboten hatten.
Chancen von universitären Sammlungen
Die universitäre (archäologische) Sammlung bietet vor allem für Studierende die Chance, in direktem Kontakt mit Objekten zu forschen und ein tieferes Verständnis für Kultur und Geschichte zu erlangen. Auch für Schüler*innen kann sie zu einem wertvollen Lernort werden. Das praktische Erfahren von Objekten macht das Lernen lebendiger. Schüler*innen können selbst beobachten, eigene Verständnisse entwickeln und im Team arbeiten. Besonders archäologische Sammlungen verknüpfen verschiedene Disziplinen, wie zum Beispiel die Bereiche Archäologie/Geschichte, Kunstgeschichte/Kunst und Geographie. Dadurch können Schüler*innen Bildung ganzheitlich erleben und z. B. ästhetische Erkenntnisse mit historischen Ereignissen verknüpfen.
Die Chancen liegen aber nicht nur in den effizienten Lernerfolgen, die universitäre Sammlungen als außerschulischen Lernort ermöglichen, sondern auch in der Förderung von Schüler*innen in ihren Ambitionen für Bildung. Der universitäre Raum kann, auch im Unterschied zum musealen Raum, für Schüler*innen eine Inspiration sein, eine akademische Bildung anzustreben. Die Atmosphäre der Universität und der Einblick in eine aktiv beforschte Sammlung vermag Neugier und Interesse für bestimmte Themenfelder, sowie allgemein für Forschungsarbeit, zu wecken und nicht zuletzt eine berufliche Orientierung zu fördern. Diese Chancen bieten sich eben nicht nur für Gymnasien, in denen die Schüler*innen häufig bereits eine akademische Laufbahn anstreben, sondern vor allem auch für Haupt- und Realschulen, in denen den Schüler*innen der universitäre Raum häufig verschlossen bleibt und somit das Potenzial für Aufstiegsmöglichkeiten von vornherein ausgeschlossen wird.
Kulturelle Bildung außerschulisch ermöglichen
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Schulbesuch in einer universitären Sammlung zwar mit einigen Barrieren verbunden ist, aber auch großes Potential bietet, kulturelle Bildung außerschulisch zu ermöglichen. Dieses Potential wird aber in aktuellen Bildungsstrukturen wenig ermöglicht. Zeitliche Flexibilität und angepasste Lehrpläne, die auch fächerübergreifende Themen zulassen, könnten jedoch dazu beitragen, den außerschulischen Lernort stärker in den Schulalltag zu integrieren. Es ließen sich nicht nur stärkere Lerneffekte erzielen, sondern Schüler*innen könnten auch neue Perspektiven für ihr späteres Berufsleben erleben und in ihrer Bildung motiviert und gestärkt werden.
Luna Hilbers und Jule-Schirin Lüthans (Universität Oldenburg)
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Autor/in (14. März 2024). Die Antikensammlung der Uni Heidelberg – Universitäre Sammlungen als Barriere oder Chance? Fokus Lehrerbildung. Abgerufen am 14. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/w0qz